EN IT
SNP Schlawien
RechtsanwälteSteuerberater

Nachrichten

24. August 2020
Schuldenfreiheit nach drei Jahren: Neues Gesetz bei Insolvenz von Unternehmern und Verbrauchern

Image

Über sieben Millionen Haushalte und doppelt so viele Einzelpersonen sind in Deutschland derzeit überschuldet. Fachleute rechnen aufgrund der Corona-Pandemie für die Jahre 2020/2021 sogar mit deutlich weiter ansteigenden Zahlen. Da passt es gut, dass ab dem 1. Oktober 2020 voraussichtlich ein neues Gesetz in Kraft tritt, durch das Schuldner bereits nach drei Jahren - statt wie bisher nach sechs - wieder schuldenfrei sind.

Anfang Juli 2020 beschloss die Bundesregierung aufgrund einer EU-Vorgabe eine wichtige Änderung der Insolvenzregeln, über die der Bundestag am 9. September 2020 entscheiden wird. Bisher dauerte ein Schuldenerlass bekanntlich sechs Jahre. Nach den neuen Regelungen werden Überschuldete, die ab dem 1. Oktober 2020 Insolvenz anmelden, ihre Schulden bereits nach 3 Jahren wieder los, und das sogar ohne Mindestbeträge zahlen zu müssen. Dementsprechend sollten Antragsteller, die noch nicht im Insolvenzverfahren sind, ihren Insolvenzantrag zurücknehmen und ihn dann im Oktober erneut stellen - nur dann gilt die kurze 3-jährige Wartezeit zur Schuldenfreiheit. Jeder Einzelfall sollte jedoch am besten vorher mit einem Insolvenzspezialisten besprochen werden.

Die neuen Regelungen sehen außerdem vor, dass Verbraucher nach wie vor versuchen müssen, mit den Gläubigern zunächst eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, während Unternehmer ihren Insolvenzantrag sofort stellen können. Als Verbraucher gilt man, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind oder wenn keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Den vorherigen Einigungsversuch der Verbraucher bescheinigen u.a. Schuldnerberatungsstellen. Zudem muss der Schuldner weiterhin arbeiten bzw. sich zumindest um Arbeit bemühen, er darf vorhandenes Vermögen nicht verschweigen und muss Erbschaften, Schenkungen sowie Lottogewinne vollständig abgeben. Das Insolvenzgericht kann den vorgenannten Schuldenerlass verweigern, wenn in dem Zeitraum von drei Jahren unangemessen hohe neue Schulden gemacht wurden - eine Definition, die von Fachkreise als unklar kritisiert wird. Weitere Restschuldbefreiungen sind nach der ersten frühestens wieder nach elf Jahren erlaubt, wobei die Verfahrensdauer dann fünf statt drei Jahre beträgt. Mit dieser langen Zwangspause soll verhindert werden, dass absichtlich Schulden aufgebaut werden, um sie mittels Privatinsolvenz schnell wieder erlassen zu bekommen.

Während Verbraucherschützer insbesondere die Zwangspause von elf Jahren zu lang finden und in ihr eine unnötige Bestrafung sehen, kritisieren Wirtschaftsverbände, dass Schulden jetzt viel zu früh erlassen werden. Darunter leide zum einen die Zahlungsmoral und zum anderen würde das unbeschwerte Schuldenmachen erleichtert werden. Die Angst vor einem Verfall der Zahlungsmoral scheint jedoch unbegründet, schließlich ist die Kreditrückzahlungsquote laut SCHUFA mit fast 98 Prozent derzeit sehr hoch. Daneben basieren Schulden weniger auf einer mangelnden Zahlungsmoral, sondern entstehen wesentlich öfter durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, Kredite, Trennungsfolgen oder eine gescheiterte berufliche Selbstständigkeit.

Ansprechpartner
Ulrich Weber
Rechtsanwalt

Telefon: +49 30 253780-33
E-Mail: ulrich.weber@snp-online.de