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07. September 2021
BGH zu grundlegenden Fragen der Berufsausübung am Beispiel der Bodenseeberufsfischer

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Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe folgt den Argumenten der Wirtschaftskanzlei SNP Schlawien im ersten Fall seit Bestehen der „Bregenzer Übereinkunft" vom 5.7.1893, in dem der Freistaat Bayern auf Erteilung eines Hochseepatents verklagt wurde. Bayern ist Inhaber des Fischereirechtes am Bodensee, der zugleich an Österreich und die Schweiz grenzt. Der Fall geht nun vor das Bayerische Oberste Landesgericht in München.

Das den Kläger zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem Bodensee berechtigende Hochseepatent wurde ihm von den Behörden seit 1963 ohne weitere Antragsstellung jährlich erteilt, für das Jahr 2018 und Folgejahre jedoch verweigert. Lediglich ein einschränkendes sog. Alterspatent wurde ihm in Aussicht gestellt, das dem Berufsfischer jedoch keine wirtschaftlich sinnvolle Betätigung mehr erlaubte. Hintergrund der Restriktionen, denen sich der von SNP Schlawien vertretene Berufsfischer ausgesetzt sah, war unter anderem eine Altersgrenze von 70 Jahren, die die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für den Bodensee (IBKF) im Jahr 2015 beschlossen hatte, um die aus ihrer Sicht zu hohe Zahl von Erlaubnisscheinen zu reduzieren.

Über das Landgericht im Kempten (Allgäu) und das Oberlandesgericht München in Augsburg gelangte der Fall zum BGH, der sich in der Sache zwar für unzuständig erklärte, da im Wesentlichen Rechtsnormen zur Anwendung kommen, die im Landesrecht Bayerns enthalten sind und sich somit die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) als Revisionsgericht ergibt. Allerdings führt er in seiner Entscheidung vom 29.7.2021 (Az. III ZR 163/20) diverse materielle Rechtsfragen auf und rügt die Verletzung von bundesrechtlichen Normen und verfassungsrechtlichen Anforderungen, mit denen der Kläger in den Vorinstanzen noch nicht durchgedrungen war. Da es zudem bislang keine Judikatur zum Recht auf dem Bodensee gab, stellt diese Entscheidung des BGH einen echten Meilenstein dar.

Neben der Frage, ob die Altersgrenze von 70 Jahren auch eine Altersdiskriminierung darstellt, geht es in dem Fall auch um Fragen der Gleichbehandlung bei Verträgen zwischen der öffentlichen Hand als Anbieter und einer Mehrzahl von Erwerbstätigen einerseits sowie um die grundlegende Frage eines Anspruchs aufgrund jahrzehntelanger Übung andererseits. Über den konkreten Fall hinaus hat die BGH-Entscheidung Bedeutung für alle Selbständigen, die über einen langen Zeitraum ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen und eine dafür erforderliche behördliche Erlaubnis bisher anstandslos erhalten haben. Bei gleichbleibender beruflicher Eignung und Qualifikation hat die öffentliche Hand Aspekte des Vertrauensschutzes des Selbständigen und des-sen verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit stärker bei Änderungen der Genehmigungs- bzw. Erteilungspraxis zu berücksichtigen und darf sich nicht alleine auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit zurückziehen.

Vertreter des Klägers
Michael R. Moser, SNP Schlawien/Stuttgart
Prozessbevollmächtigter vor dem BGH: Dr. Thomas von Plehwe,
Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe

 

Pressekontakt

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Michael R. Moser
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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