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07. September 2021
Leitfaden zum "Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten" (Lieferkettengesetz)

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Das am 16. Juli 2021 verkündete Lieferkettengesetz gilt ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen jeder Rechtsform mit in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmern im Inland. Ab dem 1. Januar 2024 gilt das Lieferkettengesetz für Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmern im Inland. Da die betroffenen (Groß-)Unternehmen ihre Lieferketten kontrollieren und teilweise sogar Sorgfaltspflichten auf unmittelbare Zulieferer übertragen müssen, ist davon auszugehen, dass sie die neuen Sorgfaltspflichten gemäß dem Lieferkettengesetz vertraglich an ihre Lieferanten weitergeben werden. Das Lieferkettengesetz wird sich somit auch auf kleine und mittlere Unternehmen auswirken.

SCHUTZ DER MENSCHENRECHTE
Um den beabsichtigten Schutz der Menschenrechte zu erreichen, müssen Unternehmen menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Lieferketten vermeiden, minimieren oder beenden, z.B.:

  • Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Sklaverei, Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, Missachtung des Arbeitsschutzes am Beschäftigungsort, Missachtung der Koalitionsfreiheit, Ungleichbehandlung in der Beschäftigung, Vorenthalten eines angemessenen Lohns, schädliche Bodenveränderung, Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädliche Lärmemission, übermäßiger Wasserverbrauch, widerrechtliche Zwangsräumung sowie widerrechtlicher Entzug von Land, Wäldern oder Gewässern, Beauftragung von menschenrechtswidrig agierenden Sicherheitskräften und sonstige Beeinträchtigung einer geschützten Rechtsposition.
  • Herstellung bestimmter mit Quecksilber versetzter Produkte (vgl. Minamata-Übereinkommen),
  • Verwendung von Quecksilber und Quecksilberverbindungen bei bestimmten Herstellungsprozessen (vgl. Minamata-Übereinkommen),
  • bestimmte Behandlung von Quecksilberabfällen (vgl. Minamata-Übereinkommen),
  • Produktion und Verwendung bestimmter Chemikalien (vgl. POPs-Übereinkommen),
  • bestimmter Umgang mit Chemikalien-Abfällen (vgl. POPs-Übereinkommen),
  • Ausfuhr und Einfuhr gefährlicher Abfälle (vgl. Basler Übereinkommen)


SORGFALTSPFLICHTEN
Konkrete Sorgfaltspflichten gemäß dem Lieferkettengesetz:

  • Einrichtung eines Risikomanagements, einschließlich der Bestimmung einer zuständigen Person oder mehrerer zuständiger Personen für das Risikomanagement (z.B. Menschenrechtsbeauftragter)
  • Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen
  • Abgabe und Veröffentlichung von Grundsatzerklärungen durch die Geschäftsleitung
  • Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern
  • Ergreifen von Abhilfemaßnahmen
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern
  • Dokumentations- und Berichtspflicht


AUSSCHLUSS VON DER VERGABE ÖFFENTLICHER AUFTRÄGE
Unternehmen können bei bestimmten rechtskräftig festgestellten Verstößen gegen das Lieferkettengesetz von der Teilnahme an Verfahren über die Vergabe eines Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrags der in § 99 und § 100 GWB genannten Auftraggeber (z.B. öffentliche Auftraggeber) ausgeschlossen werden. Der Ausschluss darf nur für einen angemessenen Zeitraum von bis zu drei Jahren erfolgen. Bei erfolgreicher Selbstreinigung gemäß § 125 GWB endet der Ausschluss. 


BUßGELD
Bestimmte Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten werden mit Geldbußen sanktioniert, die je nach Verstoß auf EUR 100.000, EUR 500.000 oder EUR 800.000 bei natürlichen Personen und auf EUR 100.000, EUR 5 Mio. oder EUR 8 Mio. bei juristischen Personen und Personenvereinigungen begrenzt sind. Bei einer juristischen Person oder Personenvereinigung mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz (d.h. weltweiter Umsatz) von mehr als 400 Millionen Euro können bestimmte Pflichtverletzungen mit einer Geldbuße bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes geahndet werden.


GEPLANTE EU-RICHTLINIE
Die EU arbeitet aktuell an einer Richtlinie, die im Vergleich zu dem Lieferkettengesetz einen deutlich weiteren Anwendungsbereich haben und inhaltliche Verschärfungen enthalten könnte.


FAZIT
Welche Maßnahmen sollten Unternehmen bereits vor Inkrafttreten umsetzen?

  • Grundsatzerklärung mit Menschenrechtsstrategie
  • Schaffung der personellen Strukturen zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten (z.B. Risikomanagement, Risikoanalyse und Abhilfemaßnahmen)
  • Festlegung der Zuständigkeiten (z.B. Menschenrechtsbeauftragter)
  • Einrichtung des Beschwerdeverfahrens
  • Anpassung der Lieferverträge
  • Schulung der betroffenen Mitarbeiter und unmittelbaren Zulieferer
  • Überarbeitung des Lieferantenmanagements (z.B. Bewertung, Auswahl und Kontrolle)


Den vollständigen Leitfaden zum Download erhalten Sie hier.
Alternativ können Sie sich auch eine Kurzfassung herunterladen.


Ihr Ansprechpartner

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Dr. Kai-Oliver Giesa
Rechtsanwalt